Hallo,
in dieser Diskussion prallen offensichtlich verschiedene Welten aufeinander
Das ist an sich ja nicht schlimm, der Amateurfunk sollte genügend Platz für unterschiedliche Interessen haben. Vielfalt tut gut. Es wäre nur für alle sinnvoll, zu versuchen, die Amateurfunkwelt auch mal mit den Augen des jeweils Anderen zu sehen. Destruktive Kommentare helfen nicht.
dl8rds hat geschrieben:Als Informatiker versuche ich, mich DRM zu nähern, und es gibt da ja auch existierende Software, allerdings zumeist Closed Source und nur für Windows. Im Moment tüftle ich daran, meinen TS-930 zur Aussendung eines DRM-Signals zu bewegen
Allerdings bin ich zugegeben kein Elektroniker und habe auch hier meine Schwierigkeiten.
Schön, wenn Du selbst etwas auf die Beine stellen willst! Nur verstehe ich nicht ganz den Tenor Deiner Eröffnungsmail "der DARC hat ein Problem: Es wurden einfach nicht die Themen aufgegriffen, die eigentlich für uns relevant wären." - der DARC ist nicht der Amaterufunk.
Wolltest Du einen Artikel über die Ergebnisse Deines DRM-Projekts im cq-DL veröffentlichen, und er wurde abgelehnt? (glaube ich nicht)
Suchst Du Unterstützung für Dein DRM-Projekt? - dann schreib das doch einfach, anstatt die Rückständigkeit "des DARC" zu beklagen. Wenn es um Open Source geht: Alex DL8AAU ist z. B. einer der Väter von DREAM.
dl8rds hat geschrieben:Zum Thema: In den vergangenen 10 Jahren hat sich die Informatik als Zwillingsschwester der Nachrichtentechnik (Elektronik) etabliert, und in meinen Augen hat der DARC diese Entwicklung nicht mitvollzogen.
(...)
Aber dennoch sehe ich beim DARC-Vorstand sowie in der cq-DL-Redaktion die Möglichkeit, den Blick der Mitglieder zielgerichtet auf neue Themen zu lenken und Schwerpunkte zu setzen. Es ist ja nicht so, daß der DARC-Vorstand nur den Verein verwalten kann.
Schon wieder der DARC.
Natürlich verwaltet der Vorstand in erster Linie den Verein. Für effektive Strategie fehlen die Mittel. Die cq-DL-Redaktion druckt das, was die Mitglieder liefern.
DU bist gefordert. Wenn Du etwas machst, das Wirkung zeigt, brauchst Du den DARC nicht dazu, um es populär zu machen.
dl8rds hat geschrieben:Nach meinem Verständnis ist die Informatik heute mit der Fernmeldetechnik untrennbar verbunden, und beide Disziplinen sind nur Sichtweisen desselben Themas.
Wenn wir Informatik mit "Anwendungs-Informatik" ersetzen (Technische Informatik, Ingeniersinformatik, ... - Informatik per se ist eigentlich eine der Mathematik nahestehende, sehr formale Wissenschaft), stimme ich dem zu. AmateurFUNK ist aber nicht Amateur-Fernmeldetechnik, sondern ein Subset mit einer geringeren Verschränkung mit der Rechnertechnik.
dl8rds hat geschrieben:Die Funkamateure vor 50 Jahren nach dem Krieg waren doch derselbe Menschenschlag wie heute die Mitglieder des Chaos Computer Club, die sich kreativ mit Elektronik und Informatik beschäftigen. -> AX.25 war von Anfang an Teil des Linux-Kernels...
Solche Funkamateure gibt es immer noch viele. Vielleicht findest Du sie nicht auf dem nächsten FM-Relais oder in allen DARC-Gremien. Aber z. B. in diesem Diskussionsforum - dazu zähle ich eigentlich die meisten Teilnehmer an diesem Thread, nur in persönlich sehr unterschiedlichen Ausprägungen.
AX.25 im Linux-Kernel: dann muß ich allerdings auch anmerken, daß Kernel-AX.25 - wenigsten zu Beginn - eine im Zusammenspiel mit Funktechnik wenig brauchbare Implementierung war, weil diejenigen, die es realisiert haben, auch "Fachidioten" waren, nämlich den Funkkanal nicht im Blick hatten. Über serielle Schnittstellenkabel hat es gut funktioniert.
Und selbst ein so "professionelles" System wie ZigBee (Version 2006) verwendet einen Routing-Algorithmus, der in größeren und unzuverlässigen Netzen schlechter funtionieren wird als der von FlexNet (1990).
dl8rds hat geschrieben:Wir können heute nur dann auf neue Mitglieder, und auf Verständnis und Unterstützung in der Öffentlichkeit (und in der Politik) hoffen, wenn wir den Bogen zur aktuellen Funktechnik spannen können. Das bedeutet: Wenn wir einem interessierten Jugendlichen erklären können, wie sein Handy eigentlich funktioniert. Im Idealfall zeigen wir ihm, wie er es 'hacken' kann
WLAN wäre sicherlich ein sehr viel besseres Vehikel als ausgerechnet das Mobiltelefon, und ich denke, dort wurde durch den RTA/DARC eine Chance vertan.
"Selber machen können" ist natürlich der Schlüssel, um Interesse zu wecken. Aber das Interesse sollte am AmateurFUNK geweckt werden, und nicht (primär) an der Programmierung von Embedded Systems. Das ist nur ein (wichtiges) Hilfsmittel.
dl8rds hat geschrieben:Wenn der Amateurfunk für die breite Masse der "Nutzer" kaum mehr Vorteile bietet, weil sie diese Vorteile (kostenlos plaudern, weltweite Datennetze, Software saugen) mit einer Flatrate von den kommerziellen Diensten einfacher bekommen, dann verbleibt als Klientel des Amateurfunkdienstes nur noch die Gruppe derjenigen, die sich für die Technik selbst interessieren. Und diese Gruppe müssen wir gewinnen. Das ist in meinen Augen die heutige Zielgruppe des DARC.
Und das war sie in der ersten Phase des Amaterufunks in der Bundesrepublik (1949 - ca. 1960) auch - insofern ist das keine neue Situation. Es sind zahlenmäßig weniger als die derzeitige Anzahl der Genehmigungsinhaber - auch das ist in meinen Augen nicht schlimm (aber natürlich in denen des DARC, der die Beitragszahler will/braucht). Wir sind in einer Konsolidierungsphase, die hat der CCC noch vor sich.
Aber was schlimm ist, sind die zu wenigen jüngeren Funkamateure aus dieser Zielgruppe. Das war vor 20 Jahren anders. Man kann aber niemanden zum Jagen tragen, und auf längere Sicht (10, 20 Jahre) verpuffen die meisten bisherigen Aktionen zur Nachwuchsgewinnung.
Eine zweite bleibende Attraktion ist die "sportliche" (CW, Conteste, DXPeditionen) - zugegeben, als Einstieg für Jugendliche in geringerem Maße.
dl8rds hat geschrieben:Wenn wir keine politisch-volkswirtschaftlich-wissenschaftlich seriösen Gründe für die Existenzberechtigung des Amateurfunks finden, dann werden immer mehr Bänder kommerziell vergeben bzw. wir werden von der Primärnutzung auf die Sekundärnutzung zurückgestuft. Und ohne Spielwiese kein Spiel. Was nützt mir ein toller Sender, wenn ich damit nicht senden darf, weil ich den Primärnutzer stören könnte.
Wir SIND (schon immer) in sehr vielen Frequenzbereichen Sekundärnutzer. Die Gefahr des Verlusts des primären 70-cm-Bands war vor 15 Jahren weit größer als heute. Aber die interessanten sekundären Mikrowellenbänder werden zunehmend von den Primärnutzern stärker belegt, mit größerem Kollisionsrisiko. Da könenn wir unabhängig von der Zahl der Funkamateure nicht viel dran ändern, unseretwegen wird Galileo nicht seinen E6-Kanal aufgeben, und WIMAX/802.16e nicht den 3,4-GHz-Bereich.
Aber andererseits muß der Amateurfunk auch nicht permanent die Nachrichtentechnik revolutionieren, um seine Existenz zu rechtfertigen. Es gibt genügend Bereiche, in denen etwas passiert, im Kleinen wie im Großen.
Aktuelle Frage: wieviele Antennen hat europäische ISS-Modul Columbus?
Antwort: insgesamt 2, nämlich zwei Amateurfunkantennen, für 23 und 13 cm (L- und S-Band). Allerdings war daran m.W. kein Funkamateur beteiligt, der jünger als 40 Jahre ist.
Der Projektleiter hat im vergangenen Jahr den 80. Geburtstag gefeiert.
Gruss Henning
PS: meine Gedanken aus 1999 zu einigen der angesprochenen Themen finden sich in
http://www.df9ic.de/doc/1999/cqdl_1999/ ... L_2_99.PDF - das meiste davon stimmt noch.